Kneippen wie zu Römerzeiten
In Jockgrim soll das Römerbad mit Hilfe der Kläranlage wieder zum Leben erweckt werden
Eine neue Art des Kneippens soll in der Verbandsgemeinde Jockgrim etabliert werden. Viele Gespräche und Begehungen wurden getätigt, alle Beteiligten haben Vor- und Nachteile abgewogen und sind zu dem Schluss gekommen: In der Verbandsgemeinde soll das Kneipp-Becken im Römerbad reanimiert werden.
Wie die Verbandsgemeinde Jockgrim bereits berichtete, bekommt die Zentralkläranlage eine vierte Reinigungsstufe. Voraussetzung dafür waren einerseits die neuen Vorgaben der EU und andererseits die gesetzlichen Neuerungen der SGD Süd, die den Otterbach seit 2022 als „besonders schützenswertes Gewässer“ einstuft. Über den nahen Otterbach wird das Abwasser der Verbandsgemeinde erst dem Altrhein und dann dem Rhein bei Leimersheim zugeführt. Alle Möglichkeiten, die Belastungen des Otterbachs zu reduzieren, sollen genutzt werden. Bei den letzten Wasseruntersuchungen wurde der sogenannte Diclofenac-Referenzwert, der die Belastung des Wassers mit Arzneispurenstoffen misst, mit einem erhöhten Wert ausgewiesen. „Um den Referenzwert in den Normbereich zu verschieben, ist eine vierte Reinigungsstufe sehr sinnvoll. Das ist mir ein Herzensthema.“, so Bürgermeister Karl Dieter Wünstel, von der Ausbildung her "Wasseringenieur".
Während einer Sitzung des Werkausschusses, der über die Ausgestaltung der vierten Reinigungsstufe beriet, machte Mikrobiologe Dr. Ernst Haft den Mitgliedern einen Vorschlag, der großen Anklang fand: „Bevor der Diclofenac-Wert nach der vierten Reinigungsstufe im Normbereich liegen wird, wird vorgeschlagen, das aus der dritten Reinigungsstufe gewonnene Abwasser für Kneipp-Kuren zur Verfügung zu stellen. Mikrobiologisch wäre das Wasser in der vorliegenden Zusammensetzung als ‚unglaublich sanftes Heilungsmittel‘ zugelassen. Und Kneipp-Kuren helfen effektiver als das direkte Auftragen durch ein hoch dosiertes Schmerzgel. In einer Studie der Professoren R. Stunken und Dr. G.-E. Logen der Universität in Germersheim wurde die Wirksamkeit dieser Therapie bereits bewiesen. Besonders bei Arthrose, Rheuma, Osteoporose sowie Bandscheibenerkrankungen hat man sehr gute Ergebnisse erzielt.“, erläuterte Dr. Haft weiter. Hinsichtlich der praktischen Umsetzung dieser Idee gibt Dirk Kröger, Leiter der Zentralkläranlage, grünes Licht: „Es sind nur geringe Umbaumaßnahmen notwendig, um das Abwasser aus dem Nachklärbecken in das vormals bestehende ‚Römerbad‘ umzuleiten.“
Und es gibt noch mehr gute Nachrichten: Da einige bestimmt auch Wasser abfüllen würden - eine generelle Anfrage für die Altherrenmannschaft des SV Olympia wurde aus dem Ortsgemeinderat Rheinzabern heraus bereits gestellt – wäre anschließend die zu klärende Restmenge an Abwasser um einiges geringer. Die Kosten der Reinigung sinken dadurch und die Abwassergebühr kann trotz Investition stabil gehalten werden“, so Kröger. Bürgermeister Wünstel zeigt sich begeistert von dieser Idee: „Eine Win-Win-Situation für alle – das ist perfekt!“
Die Umsetzung des Konzeptes läuft bereits seit Anfang des Jahres auf Hochtouren, schließlich soll das neue Angebot sowohl in der Region als auch darüber hinaus die Menschen begeistern „Noch sind wir mit dieser Idee in der Region Südpfalz einzigartig, das müssen wir zeitnah ausnutzen.“, so Wünstel. Ein genauer Zeitplan steht bereits: Bis Mitte 2025 werden die Ausschreibungen für die Instandsetzung des Wasserbeckens im Römerbad folgen, im Sommer 2026 soll es wieder in neuem Glanz erstrahlen. Die Vermarktung über die Pfalz-Touristik ist in Vorbereitung. Schon ganz bald dürfen sich die Menschen aus der Verbandsgemeinde wie die Römer fühlen: Si verum esset!